Am Ende

I. An der Pforte

II. Passagier im Räderwerk

Am Ende unausweichlich ist die Pforte
die zu durchschreiten war mir immer gewiß
Längst schon hatte ich geahnt:
Es gibt keine Flucht vor der Maschine
dem Ort, zu dem auch die Übrigen schließlich geh’ n
Das ungewisse "Wann" ist überwunden
nahm just den Rest der Freude mir hinweg
Mit dem letzten Zug hab ich mir die Zeit verkürzt
Bald bin auch ich Passagier im großen Räderwerk

Nehmt mich auf!
Meine Asche wird der Sand im Getriebe sein!
Oh, süßes Ende!
Endlich bist du nah - umarme mich!

Hinfort nun Tageslicht!
Hinfort nun Wärme!
Hinfort Geborgenheit!

III. Ruf der schwarzen Hörner

Schwarze Hörner teilen jetzt die neue Zeit
Hier sind Tag und Nacht bedeutungslos
Rotation, Essen, Schlafen, Rotation
den Sklaven der Maschinerie
Ach, könnt’ ich nur Vergangenes vergessen:
die Liebe einst, die mir ward zuteil
das unbeschwerte Wandern vormals im Sonnenlicht
ja selbst den Regen an einem kalten Tag

IV. Maschinenimpressionen

V. Im Vorzimmer

Willkommen, willkommen!
Sie haben richtig gewählt!
Kommen Sie zu uns!
Das ist der Sinn des Lebens:
Reichtum
Erfolg
Liebe
Sicherheit
Vergnügen
Überfluß
Macht

VI. Sand im Getriebe

Beim Gehen blicke ich mich nicht um
Die Türen lasse ich weit offen steh ’n
Vergangenheit - dies Leben ist nicht mehr
Rotation dem Überfluß die Gegenwart
Einsam im Gewimmel der blinden Sklaven
Ihr geliebtes Geld ist mir kein Trost
Ich wünschte, sie würden es glauben:
In ihrem Getriebe nagt seit Langem der Rost

Nehmt mich auf…

Hinfort nun Tageslicht!
Hinfort nun Wärme!
Hinfort Geborgenheit!
Oh, süßes Ende, du bist so nah - ich spüre dich!

VII. Reif zur Ernte

Das Leben ist rastlos geworden
es stößt uns herum
wie Blätter im Wind
Wir sind Verschollene im Räderwerk
der großen Maschinerie

Am Ende unausweichlich ist die Pforte
die zu durchschreiten war mir immer gewiß
Nun, zwischen den Schichten im Getriebe
im Zeitalter der schwarzen Hörner
stehle ich durch die Raster gefallene Minuten
und fülle sie mit den letzten heiligen Augenblicken der Hoffnung

Noch werde ich weiterbewegt
Orte wie Erinnerungen verschwimmen mir
Ja selbst Kälte und Schmerz spüre ich nicht mehr
So wird es sein, bis an die Gestaden der Zeit

Und nur eins bleibt am Ende noch zu sagen:
Fast sind die Felder reif zur Ernte
Dann wird der Schnitter seine Hand erheben
Und dann…
Und dann…


© Mario Höll, 8.12.2008
BALSAMFIEBER
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