BURNING FAITH Desiderium (2001)

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01) Sehnsucht >>>>>
02) Versuchung >>>>>
03) Schaf Im Wolfspelz >>>>>
04) Gefilde Des Lichts >>>>> (RR >>>>>)
05) Todesvogel >>>>>
06) Vater Unser >>>>>
07) Aufbruch >>>>>
08) Die Andere Seite >>>>>
09) Kühles Grab >>>>> (RR >>>>>)
10) Offenbarung >>>>>



Mario Höll: E & A-Gitarren, Gesang, Synthesizer,
Orgel, Programming

Mario Hassard: Synthesizer, Gesang, Drumcomputer

Juana Crow: Gesang, Rezitation, Text, Drumcomputer


GÄSTE:

Volkmar Heß: Violine, Mandoline, Mundharmonika
André Dietrich: Akustikgitarre
Lydia Sann: Gesang
Debora Haak: Gesang
Frank Tettenborn: Gesang, Stimme
Axel Baumgarten: Didgeridoo

Aufgenommen & Gemischt: Crow-Hill Studio
Arnstadt / BF-Studio Dornheim
vom 21. Oktober 1999 bis 1. Juni 2001
Mastering: Rajko Lienert
im Soundunlimited-Studio Erfurt

Design & Re-Design (2016), Fotos: Mario Höll

Die Texte von "Versuchung", "Vater Unser" und
„Offenbarung“ stammen aus der Neuen Welt
Übersetzung der Heiligen Schrift bzw. der Lutherbibel
Die zwei gesprochenen Texte im Hintergrund von
"Sehnsucht" und am Schluß von "Kühles Grab"
entstammen William Shakespeare's "Romeo & Julia"




Mario Höll über "DESIDERIUM"

Ende 1999 sprach ich eine junge Frau an, die mir schon längere Zeit auffiel, von der ich hörte, daß sie Sängerin in einer Band aus dem Ruhrpott war, außerdem hatte sie eine Ausstrahlung, die mich irgendwie faszinierte. Eines Tages vertraute sie mir ihre Geschichte an, deren Tragik mich sehr erschütterte. Da ging es um Drogen, Verfolgung, ein verpfuschtes Leben und schließlich ihren bevorstehenden Tod. Wir trafen uns öfters und tauschten unsere Erfahrungen aus. Ich befand mich damals ebenso in einer Krise wie Juana. Dann kam ich auf die Idee, unsere Probleme, die zwar unterschiedlicher Art waren, zu einem neuen Konzeptalbum zu verarbeiten, um all dem Leid der Menschheit Luft zu machen. Wir holten Mario Hassard dazu und arbeiteten den Frust über Tod und Verderben zum Album "Desiderium" aus.
Wir planten alles vom ersten bis zum letzten Stück durch, ich schrieb diesmal zuerst die Texte, wir machten Fotos und nahmen Juanas Stimme auf, die Bibelstellen rezitierte, worum wir später (nach ihrem Tod) die Musik bauen wollten. Dann schafften wir eilig Technik an, wie Drumcomputer und Digitalrecorder, um sofort mit der Arbeit zu beginnen.
Das erste Stück war "Kühles Grab" und es bekam eine Richtung, die ich bis hierher von BF nicht gekannt hatte. Es war nicht nur der Einfluß Juanas und erstmals der Einsatz eines Drumcomputers, es war vielmehr die komplett veränderte Arbeitsweise, die es so anders machte. Zuerst war der Text da, Juana erfand die Gesangslinien und ich beschäftigte mich ab jetzt intensiver mit der E-Gitarre.
Auch beschloß ich ab jetzt den englischen Gesang aufzugeben, wir hatten auch gar keine Zeit auf die Übersetzung zu warten - und siehe da, es funktionierte sehr gut mit Deutsch.
Die Veränderungen der Sprache, der Musik und des völlig anderen Klanges paßten unser Meinung nach überhaupt nicht mehr zu dem Namen "Big Fantasy" oder "BF". Da wir das Kürzel aber nicht aufgeben wollten, setzten wir uns zusammen und blätterten im Wörterbuch. In Deutsch war nichts Sinnvolles zu finden, also entschieden wir uns für "Burning Faith", das paßte auch irgendwie zu allem, obwohl es keine tiefere Bedeutung hatte.
Wir rechneten uns aus, daß unser Projekt zwei Jahre dauern würde, und Juana glaubte nicht, daß sie noch so lange leben würde. Schließlich verschwand sie im November 2000 spurlos.
Sie wollte zurück in ihre Heimat, nachdem erste Spannungen innerhalb der Band, hervorgerufen durch ihre Unruhe auftauchten und die Arbeit manchmal unerträglich wurde. Sie war ein Zugvogel, der es nirgends lange aushielt. Vier Stücke haben wir schließlich zusammen produziert: "Kühles Grab", "Sehnsucht", "Todesvogel" (den sie als ihren Song bezeichnete) und "Die andere Seite". Seltsamerweise verschwand sie gerade bei der Arbeit an "Aufbruch" (dem Text, den sie mitgeschrieben hatte). Mario Hassard und ich machten unter Berücksichtigung von Juanas Ideen weiter und holten uns andere Verstärkung dazu. "Gefilde des Lichts" bauten wir auf der Melodie eines von ihr komponierten Songs auf und den Rest des Albums montierten wir um die von ihr zuvor gesprochenen Textpassagen herum. Mit "Schaf im Wolfspelz" nahm ich einen etwa drei Jahre alten Song ins Programm, der musikalisch meiner Meinung nach gar nicht so hineinpaßt. Mit Lydia Sann als 2. Sängerin und Volkmar Heß an der Violine erweiterte sich die musikalische Bandbreite.
"Desiderium" wurde das bis jetzt aufwendigste Projekt und schlug von der Komplexität her sogar noch "Siesta". Mario Hassard machte viele Videoaufnahmen und ich programmierte zusammen mit Torsten Harnos ein halbes Jahr lang an einem Multimediapart für die CD; insgesamt gibt es also genug Material drumherum, so daß es eine ganze Weile nicht langweilig wird.
Im nachhinein weiß ich nicht recht, was ich von "Desiderium" halten soll, einerseits sind etliche Ohrwürmer drauf, allem voran "Kühles Grab". Andererseits kann ich mich schwer an den digitalen Klangcharakter gewöhnen, woran auch der Drumcomputer schuld ist, der mich zu sehr an die 80iger Jahre erinnert.
Das zwiespältige Gefühl rührt wohl auch daher, die Person, mit der ich arbeite, zu sehr in den Mittelpunkt zu rücken, so daß am Ende der Eindruck entsteht, alles dreht sich um sie. Dann ist die Person dann noch auf dem Cover abgebildet und sofort wird die Geschichte, die erzählt wird auf sie bezogen, obwohl Juanas Geschichte ja nur den Auslöser bildete. Dann ist Juana weg (wie Diana), und ich selbst ertappe mich dabei, das Album mit der Person zu identifizieren, was wiederum negative Erinnerungen weckt. Ich glaube nicht, daß noch einmal das Gesicht einer mir vertrauten Person auf dem Cover sein wird, außer vielleicht mein eigenes.
Von all dem einmal abgesehen halte ich "Desiderium" für einen großen Schritt in die nächste musikalische Zukunft, und es ist eine Weiterentwicklung, die aussagen soll, daß ich mich immer weiterbewegen will, um immer neue Ufer auszuloten.


15 Jahre danach (2016):

Die Aufgabe bei BF zwischen 1993 bis 1999 bestand ja hauptsächlich darin, immer neue Musik zu produzieren und vor allem so zu tun, als wären wir eine komplette Band. Da wurden fast alle Instrumente mit Synthesizern simuliert. Der Gedanke, etwas davon live umzusetzen, kam uns vererst nicht, das ging auch schlecht zu Zweit. 1999 nutzten wir erstmals den Sequenzer nicht nur als Bandmaschine und auch mit der E-Gitarre machte ich mehr. Juana Crow die Sängerin und Musikerin lernte ich in dieser Zeit kennen. Die junge Frau besaß trotz ihrer Todessehnsucht neben ihren traumatischen Erlebnissen Jahre zuvor, so etwas wie Charisma und vor allem einen starken Drang, Musik zu machen.
So reifte schnell die Idee, etwas Neues zu wagen und das etwas eingefahrene Konzept mit frischen Ideen, einem kontroversen Themenalbum und dazugehörigen Auftritten umzusetzen.
Die Geschichte hinter "Sehnsucht", das wir wegen Rammsteins gleichnamigem Album kurzerhand in "Desiderium" umbenannten, ist eigentlich Juanas bewegtes Leben und wenn man mich heute fragt, was Shakespeares "Romeo und Julia", ein zerstörtes Leben und die Bibel gemeinsam haben, so kann ich nur sagen: "Ich weiß es nicht." Mir ging es damals darum, andere Einflüsse und Ideen zuzulassen, mich davon inspirieren zu lassen und mich auf meine E-Gitarre und die Arrangements zu konzentrieren. Natürlich hatte ich auch bei dem Album quasi das letzte Wort, feilte hier und dort, aber viele Impulse kamen von Juana. Zwei größere Käufe wurden für das Album getätigt: Einen 8-Spur-Minidisk-Rekorder und ein neues Wundergerät, der Quasimidi Sirius, ein Synthesizer mit Drumcomputer und Vocoder. Von jetzt ab war Schluß mit der albern aussehenden Trommelei auf der Tastatur, die Rhythmen wurden jetzt programmiert - eine Tatsache, die den Sound komplett veränderte und mir heute etwas penetrant vorkommt, ebenso wie Juanas Punk-Einflüsse. Ihre anfangs extrem enthusiastischen Pläne verpufften allerdings schnell wieder und die zweijährige Produktionsphase dauerte ihr zu lange, obwohl wir damals in einer Art Künstlerkommune und fast ausschließlich nur für die Musik lebten. Die Frau, die so sehr für das Album kämpfte verschwand allerdings im Jahr 2000 spurlos. Und da es nicht nur ihr größter Wunsch war, das Werk zu vollenden, machten wir uns mit etlichen Gastmusikern daran, das auch zu schaffen. Wir scheuten dafür keine Mühen, engagierten den Geiger Volkmar Heß, einige Bekannte und Freunde, die mitwirkten und ließen erstmals professionell mastern, zuviel hatten wir dafür bereits investiert. Juana hatte zu Beginn der Arbeit einige Bibeltexte aufgezeichnet, die wir nach ihrem Tod - von dem sie überzeugt war, daß er bald kommt - vertonen könnten. Diese Stücke haben wir nach ihrem Verschwinden tatsächlich verwendet, bauten die Musik drum herum, den Rest sangen zwei Gastsängerinnen. Auf vier Liedern sang Juana schließlich selbst. 10 Jahre hörten wir von ihr nichts mehr, dann erfuhr ich von ihrem tragischen Tod im Jahre 2010, der so mysteriös war wie ihr Leben. Vieles bleibt im Dunkeln und das Album "Desiderium" ist nun so eine Art Requiem und eine Erinnerung an eine sehr turbulente Zeit. Nun, mit Abstand betrachtet, hat das düstere Werk einige potentielle Hits, recht interessante Experimente und Texte über Drogensucht, Selbstmord, Tod aber auch Hoffnung und Romantik. Das ganze Endzeitszenario ist recht schwer verdaulich, spiegelt aber die Realität einer morbiden Zivilisation wider, es handelt von Menschen in den Städten, die auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sind. 2000, als das Album erschien und ich kurz darauf Zugang zum Internet erhielt, entschied ich, daß mit Juana auch der Name "Burning Faith" gehen sollte und wie das so ist: Vieles erschien mir dann auch zu klischeehaft, heute würde ich Einiges daran ändern. Mit "Desiderium" haben wir allerdings wieder einen großen Schritt nach vorn gemacht, erstmals wurde ernsthaft Deutsch gesungen, in der Sprache, in der ich denke, die Klangqualität verbesserte sich dank dem Digitalrekorder deutlich und ich lernte, wie man richtig produziert. Im Zuge der Neuauflage aller Alben habe ich hier die Verpackung überarbeitet und auch das (vermutete) Todesdatum von Juana, welches wir damals offen ließen, auf den 23. Juli 2010 korrigiert. Das Mastering von Rajko Lienert ist gut genug, daß man das nicht noch mal machen muß. Man könnte am Mix mit der heutigen Technik Einiges verbessern, doch ob das sinnvoll wäre, ist vielleicht einmal ein späteres Thema. Ohne das bis dahin aufwendigste Album "Desiderium" jedenfalls wären alle zukünftigen Alben ganz anders geworden, deshalb ist es ein Meilenstein für BF und für die Protagonistin, die das Werk nie komplett hörte, das Vermächtnis.





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