Produced & Recorded at BF Studio Dornheim
(26.6.1989 - 19.5.1990).
All songs composed by Mario Höll except song 8 & 9 composed
by Höll / Hassard.
All Lyrics by Mario Höll.
Text Translation by Thomas Schrinner.
Art Direction & Graphics by Mario Höll.
Photos by Josef Höll.
Front cover by Steffen Mikosch.
BIG FANTASY
Mario Höll: Vocals, Keyboards, Piano, E-Cither, Percussion,
Art Direction, Sculptures & Graphics
Mario Hassard: Vocals, Keyboards
Remastered and Re-Designed by Mario Höll in May 2014.
GUESTS
Rainer Bloss: Computersounds; I.M: 3. Hand on the Piano
Mario Höll über "THE MONUMENT OF LOVE"
Während meiner Armeezeit in der DDR 1988 - 1989 hatte ich Zeit ein paar Ideen auszuarbeiten, ich schrieb Texte und kam ab und zu auch an ein Klavier ran. Inzwischen hatte ich was das Musizieren betrifft "Blut geleckt" - ich konnte es bereits nicht mehr lassen. Zuerst komponierte ich ein Klavierstück, in dem ich mir die Zahlen notierte, die die jeweiligen Tasten repräsentierten. Ich brauchte aber immer jemand, der 10 Minuten lang immer eine bestimmte Taste anschlug, immer im Takt - heraus kam das Stück "Secret Dream", das, wie ich finde, überhaupt nicht auf das Album paßt, es klingt ein bißchen wie Klassik, während die anderen Stücke sehr experimentell und elektronisch sind. Ich wollte damals rhythmischere, synthesizertypische Musik machen, nur waren die entsprechenden Geräte für uns unerschwinglich. Also kauften wir uns kleine Spielzeugkeyboards, um uns die ewige Bettelei - ob wir wohl mal das eine oder andere Klavier benutzen dürfen - zu ersparen. Beim zweiten Album sprang aber meiner Meinung nach nicht so der Funke über wie beim ersten. Trotz gleicher Aufnahmetechnik und Herangehensweise fehlte das gewisse Etwas vom Vorgänger. Schuld daran waren wohl auch die Billigkeyboards. Doch ich denke, es liegt mehr daran, daß wir versuchten, so etwas wie "Meditations" noch einmal zu wiederholen. Das einzige Stück, bei dem die Sache aufging, war das Klavierstück "Secret Dream" und vielleicht noch "Black Light...". Das Coverbild hat übrigens der Maler Steffen Mikosch gemalt, genau nach meinen Vorstellungen. "The Monument Of Love" sollte ja ein Konzeptalbum sein, was sich in den Texten und der optischen Gestaltung widerspiegelt.
Neu sind auch, wie bereits bei "Meditations" angedeutet, die Begleittexte zu jedem einzelnen Stück, die die Inschriften auf dem Monument darstellen sollen, Dokumente aus längst vergangenen Zeiten, von imaginären Schreibern, die ihre Gedanken in Stein meißelten. Ich hätte mal lieber diese Texte singen sollen, denn die waren weitaus poetischer. Neu war auch die Idee, zu jedem Stück des Albums ein Symbol zu zeichnen, woraus später dann die Diktion "Ein Foto pro Stück" wurde. Ich finde, die optische Seite ist untrennbar mit der Musik verbunden, so kommt man der Idee des Gesamtkunstwerkes einen Schritt näher.
• 25
Jahre danach (2015):
Nach dem avantgardistischen Debüt "Meditations" von 1988 erhielt ich den Einberufungsbefehl zur NVA - mein ehemaliger Nachbar hatte da nachgeholfen, weil ihn unsere mitunter zu lauten Aufnahmen in der Trabigarage störten. Was er nicht ahnte war,
daß ich mich durch die unmenschlichen Bedingungen und das Eingesperrtsein bei der NVA nun erst recht bewogen fühlte, mit der Musik weiterzumachen, es war zu meinem Lebenselixier geworden. Aufnahmen waren in den 18 Monaten nicht möglich, aber ab und zu kam ich an ein Klavier ran und nutzte jede freie Minute, um Texte zu schreiben und ein Konzept zu entwickeln. Der Maler Steffen Mikosch - ein Mitinsasse in der Kompanie - malte nach meinen Visionen ein Bild, welches dann als Cover diente. Das grafische Konzept des Albums wurde eines der aufwendigsten und interessantesten bis dato.
Mit dem Heimgang kam auch die Wende und damit plötzlich neue Möglichkeiten. Das Erste, was wir im Westen kauften, waren zwei Minikeyboards für Kinder, denn an echte Synthesizer war finanziell noch nicht zu denken. Die Dinger konnten sogar alleine Spielen, sodaß die Leute im Zug nur so staunten. Wir holten alles nur Erdenkliche aus den Dingern raus, was man auf dem neuen Album "The Monument Of Love" deutlich hören kann, welches dann am 19. Mai 1990 erschien. Neben einem Stück, das noch nach dem Debüt klingt und einem Klavierstück (sehr interessant!) übernehmen die Keyboards hier die Hauptrolle. Das Album ist ein typisches, schwieriges zweites, hat zwar gegenüber dem ersten nichts nennenswert Neues zu bieten, gilt aber in der BF-Diskographie als historisch wertvoll, weil es die Umbruchstimmung der Wendezeit auffängt und kritische und interessante Texte (für einen 19-jährigen beachtlich!) bereithält.
Die Neuveröffentlichung des Albums zum Thema "Wende" paßte gut ins Jahr 2015, denn entstanden ist das Album während die Mauer fiel - in einer Zeit des Umbruchs und der neuen Hoffnung in Deutschland. Was daraus geworden ist, muß nicht an dieser Stelle näher erläutert werden. "Das zweite BF-Album jedenfalls ist Avantgarde der Wendezeit in Ton, Text und Bild", so könnte man das Werk kurz umschreiben.
• 30 Jahre danach (2020):
Die Wende brachte uns also die Möglichkeit, neben den elektronischen Klängen, die wir nun für unsere Musik nutzen konnten, auch auf der optischen Seite des Albums Fortschritte zu machen. Also hatte ich zum Covergemälde ein Booklet für die Kassette gebastelt, welches wir in Nürnberg per Laserkopierer vervielfältigen wollten. Diesmal sollten es mehr als zwei Alben werden. Über der Grenze, schon im Westen, stieg ein Mann in unser Zugabteil, dem natürlich gleich auffiel, daß wir aus dem Osten kommen. Als wir erzählten, was uns umtreibt, schien der Mann plötzlich großes Interesse daran zu haben, wie Musik aus der DDR wohl klingt. Also zeigten wir ihm unsere Kassette mit dem Namen "The Monument Of Love" - Infos aus der Ost-Musikszene aus erster Hand - das klang schon mal interessant! Er versprach sogleich uns durch Nürnberg zu führen und natürlich wollte er eine Kopie des Albums. Und flugs standen wir zum ersten Mal in unserem Leben in einer Art Musikstudio, jedenfalls standen etliche uns unbekannte Apparate darin. Zum Hören des neuen BF-Konzeptalbums war natürlich keine Zeit und so blieb es vorerst bei einer Kassettenkopie für unseren neuen Fan. Der Mann zeigte sich großzügig und finanzierte im Copyshop auch noch unsere Grafiken, bezahlte noch einen Imbiß, dankte für die interessanten Anekdoten aus der Ostmusikszene, von der wir keine Ahnung hatten, gab uns noch ein Zettelchen mit seiner Telefonnummer und war verschwunden.
Nach einigen Tagen, als er sich das Werk zu Gemüte geführt haben würde, sollten wir ihn anrufen. War der geheimnisvolle Mann ein Musikproduzent, würden wir bald reich und berühmt mit unserer neuartigen Musikschöpfung, würden wir das Ding bald richtig im Hightech-Studio neu aufnehmen und dann ab auf Tournee durch den Westen reisen? So ähnliche, reichlich naive Gedanken schwirrten uns im Kopf herum.
Nun kam der Tag heran. Nach etlichen Versuchen ging er endlich ans Telefon, die Spannung stieg ins Unermeßliche, nur um sprunghaft exponentiell wieder abzufallen, wie auf einigen der Lieder der Kassette, die der geheimnisvolle Mann sich tatsächlich angehört hatte. "Ah, die Leute aus dem Osten, nee, das ist nicht so mein Ding", oder Ähnliches sagte er und kurz angebunden. Da fiel keines der Worte wie "epochal", "völlig einzigartig" oder "geniales Konzeptalbum", wovon wir felsenfest überzeugt waren, daß es das wäre.
Das zweite Big Fantasy-Album "The Monument Of Love" entstand zwischen 1989 und 1990 auf einer ORWO-Kassette, aufgenommen mit den eingebauten Mikrophonen eines DDR-Stereo-Kassettenrekorders. Zu hören sind Kinderkeyboards, Pappeimerschlagzeug, ein Atari-Computer, eine Zither, ein Klavier und natürlich unsere "fast" englischen Gesänge, denn Deutsch zu singen war damals extrem uncool. Das Ganze klingt heute vielleicht wie live aus einem Kinderzimmer, aber aus einem sehr avantgardistischen. Man könnte meinen, die Musiker auf dem Album haben noch nie Musik von außerhalb dieses Zimmers gehört und erstmals nie gesehene Musikinstrumente unter die Finger bekommen. Vielleicht gerade deshalb sind das Klavierstück "Secret Dream" und die experimentelleren Stücke einfach einzigartig - nicht nur als Zeitzeugnis zum Thema 30 Jahre "Wende-Kultur" in Deutschland.
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