Verfall
Knarrendes Holz unter meinen Füßen
Abgelaufene Treppen führen auf staubige Straßen
Um mich verwittertes Grau, bis zu den Wäldern
deren Bäume Friedhöfen gleichen
Alles von hier oben ist dem Verfall preisgegeben
von der Zeit vergessen
Die Ruhe ist trügerisch
Wir streichen über das verwitterte Grau wieder Grau
lassen den Rost darunter weiterfressen
Staub und Regen zerschneiden unsere Gesichter
Unsere Seelen, auf weiter Ebene vom Wind getrieben
blicken ins verhangene Tal
Meine nächtlichen Scheinwerfer reichen nicht bis zu den kahlen, bewaffneten Bergen
Und der Geschmack von Schnaps gehört zu der nächtlichen Einsamkeit
zusammengekauert, auf Schritte lauernd
Verlassene Räume, vom Pilzgeruch durchdrungen - Müdigkeit treibt mich durch sie
Auf der Suche meines Weges nichts gefunden
Zerstörung ist unsere einzige Rache über das Grau
Die Lichtung
Auf verbotenen Wegen
über niedergetretene Zäune
hinab in den schweigenden Wald
Und auf dunklen Pfaden der Bitterkeit
führt die Flucht aus der Realität
Als ich die Lichtung fand
gleich der Sonne, gebrochen durch das Dach der Zeit
das mich erinnert an das Leid
ward' ich Mensch befreit
aus den Fängen seiner Macht entkommen
Da ist Einsamkeit, die mich nun umgibt
So tragen mich meine Füße noch immer
bewegen den Boden unter meines Blickes Verharren
Nun ist die Dauer der Zeit ruhelos
ruhelos auch mein Glück und Schicksal
nicht mehr aufzuhalten der Gang der Dinge
Und meines Weges nicht gefunden
dich vergeblich suchend
in der Ewigkeit
PULVIS ET UMBRA SUMMUS - SIESTA VIATOR!
Der letzte Abend in ...
Ich trinke ein Glas Tee
in der Piano-Bar
Es ist der letzte Abend
und meine Flucht ist nicht mehr fern
Er setzt sich an meinen Tisch
der Mann vom Billardtisch
Er erzählt mir die Neuigkeiten
Er erzählt von Wahrheit und Lüge
Er sagt: "Das Heer des Königs
steht vor den Toren der Stadt!"
Er sagt: "Ja, ja das ist der Lauf der Dinge."
Er sagt: "Die guten, alten Tage wo sind sie hin?"
Und er fährt mit den Händen
über sein Gesicht
Der letzte Abend in ...
Mr. X erzählt die Neuigkeiten
bei einem Glas Gin
Er sagt: "Ich befuhr die Meere
ohne Ziel.
Ich suchte einen Ort des Friedens - ohne Aussicht ..."
"Jetzt sitze ich hier in der Piano-Bar
trinke Gin
Und vor den Toren der Stadt - ist der Krieg ..."
Der letzte Abend in ...
Mr. X erzählt die Neuigkeiten
und trinkt noch ein Glas Gin
Eine Mütze voll Schlaf, Teil 2
Laß dich treiben
auf das weite Meer hinaus
Unsinkbar -
Getragen vom Rücken
des großen Fisches
in die Ferne hinaus
Des Himmels azurblaues Tuch
breitet sich über die Wogen
der tosenden See
Der Sonne glühender Ball
weit rollt er
bis zum Horizont
Läßt es zu Perlen werden
das Salz auf deiner Haut
Laß dich hinaustragen
auf den Pfaden der Winde
Du wirst nicht straucheln
denn unsinkbar ist er!
Ein Stück Leben
Der alte Mann blickt sich an
aus einem Stück Spiegel
Und er spricht zu sich:
"Die Zeit ist nicht stehengeblieben
doch mir scheint
als sei alles gestern gewesen
Wo ist es hin
mein Stück Leben?"
Die Zeit ist nicht stehengeblieben
"Sieh! Mein Stück Leben!"
Spuren
Die schwarzen Zeilen auf weißem Papier
sind nur noch Asche, auf die ich schrieb
wie Ruß auf weißem Schnee
Und die Spuren verweht der Wind
Die Worte aus meinem Mund
sind nur ein Raunen in der Luft
wie Hall in einem leeren Raum
Und was da war, übertönt der Wind
Niemand hört meinen Schrei
aus der Tiefe meiner Seele
Niemand sieht meine Spuren im Sand
in der endlosen Ferne
Bald verschluckt sie das Land
Die Dinge, die ich schuf
zu Staub sind sie geworden
zerfallen unter meinen Händen
Aus dem Fenster trägt sie der Wind
Das Leben, das ich lebte
war das eines einsamen Mannes
wie ein Sandkorn in der Wüste
getragen vom Wind
Der Baum auf dem weiten Feld
dessen Stamm ich einst erklomm
die Axt hieb ihn danieder
Doch den Samen trug der Wind
Der Weg den wir jetzt gehen
Wie das Licht der Sonne
über deinem Haupt erstrahlt
und rasende Schatten
über die Felder jagt
Wie der Wind säuselt
in den Wipfeln der Bäume
an diesem Tag
Als wäre es immer so gewesen
so frei und friedlich umgibt es dich
das heutige Leben
so ohne Hast und Müh
Ist es jemals anders gewesen?
Fragtest du einst
so vor dich hin
Der Weg den wir jetzt gehen
ist frei von den Steinen
die ihn einst säumten
In Frieden zieht der Wanderer seines Weges
treibt er Handel in den Städten
dessen Tore nur der Zierde dienen
Wie die Wellen schlagen
an den weißen, reinen Strand
und klares Wasser
über deine Füße schwemmt
und der frische Wind
um deine Nase weht
an diesem Tag
Als wäre es immer so gewesen
so scheint es dir jetzt
das heutige Leben
wo tausend Jahre vergangen sind
Ist es immer so gewesen?
Fragtest du einst
so vor dich hin
Da war ein Licht am Horizont
(für Diana)
Da war ein Licht
ein Licht
das du sahst
am Horizont
Und du liefst darauf zu
wie eine Motte sich in das Licht stürzt
Denn du wußtest nicht
waren es offene Arme
oder ein Abgrund
worauf du zuliefst
War es das Meer
oder war es die Wüste
War es das Glück
oder war es Verderben
War es Liebe
oder war es Haß
So liefst du in die Dunkelheit
auf der Suche nach dir selbst
Da war ein Licht
ein Licht
das du sahst
am Horizont
Und du liefst darauf zu
Da schien ein Funken Hoffnung in der Ferne
Gefilde des Lichts
Nun denn, es ist vollbracht
Die letzte Tür durchschritten
Ich bin gewandert
von der Dunkelheit ins Licht
Befreit von dem Dorn
der mich lange lähmte
Nun denn, es ist vollbracht
Die Erdenlast abgeworfen
Ich bin der Zeit entbunden
Hab mein Ziel gesetzt
der Ewigkeit entgegen
Und aus den Gefilden des Lichts
sendet euch ein befreiter Mensch
Grüße
Die andere Seite
Viel zu bunt war die Welt gesehn' durch das Glas
Die Schritte bis zum Horizont gesetzt
Siebenmeilenstiefel waren dein Maß
Die Landung hat deine Flügel verletzt
Der Krug für das Wasser des Lebens
ging auf dem Weg zum Brunnen zu Bruch
Was für dich am Ende ein Segen
ward` für mich ein ewiger Fluch
Die Zeit war schon vorbei eh' sie begonnen
Die andere Seite näher als geglaubt
Das Glück schien mit der Sanduhr verronnen
Die Hoffnung hinter dicken Mauern verstaubt
Das Glück ist wie ein Schmetterling
drei Monate vor dem Winter
Ein paar Sonnentage sind ihm vergönnt
doch die Kälte schließlich holt ihn ein
Du hast nie den Lebensberg bezwungen
bist nur blind im Gestrüpp umhergeirrt
Deine Wege waren zu verschlungen
hast dich nur zum Tunnel durchgerungen
Setz den Kurs zum Licht nun unbeirrt!
Du hast die Zelte abgebrochen
das Zaumzeug dir längst angeschirrt
Aufbruchstimmung herrscht seit Wochen
doch seit dem Morgengrauen Zuversicht
Geh zur Ruh, setz die Hoffnung auf das Licht!
Gib mir die Hand und vertraue mir:
Dein Glück ist am Ende des Tunnels
Folge dem Licht zur anderen Seite
Vergiß' mich nicht bis wir uns wiedersehn'
Angenehm verirrt
Mit dem Dreh einer Flasche
auf irgendeinem Scheideweg
setz ich den Kurs nach nirgendwo
sarkastisch gesehen ist der Weg mein Ziel
Lieber unterwegs als angekommen
zwischen den Rädern der großen Maschinerie
Es gibt keinen Platz für den Menschen
auf Erden sich auszuruh'n
Ich hab mich angenehm verirrt
will den Weg gar nicht finden
Ich hab mich angenehm verirrt
zwischen Ruinen und Gestrüpp
mich duckend an einem finsteren Ort
Könnt' ich mich doch verstecken
schlüpfen durchs engmaschige Netz
oder tarnen mit schwarzer Farbe
auf den Tatsachen schwarzem Grund
Wunderbar bergende Dunkelheit
die Vergangenheit hielte mich fest
Moosbewachsene Gemäuer
Eine Ecke nähm' mich auf
Ostwärts gräbt sich das Ungetüm
assimilierend Ruinen und Gestrüpp
keimfrei machend und porentief rein
neu globalisiert die Zeugen der Vergangenheit
Nicht sanft soll es mich erwischen
lieber unverdünnt, frontal und schnell
Freund oder Feind - Maschine oder Tod
Und kurz vorher noch einmal:
Hab ich mich angenehm verirrt ...
Fallen mit dem Turm
Wieder ein Strich auf der Liste
mit rotem Stift auf Maschinenpapier
Exponentiell fallende Kurven
verkünden die Zeichen der Zeit
Unruhig die Nadel am Seismographen
An meine Seele schmiegt sich Schmirgelpapier
Weich, warm und geborgen
auf Mutters Schoß
beschützt von einem starken Turm
schwelgte ich in Sicherheit
Doch von unten kommt schleichend der Frost
und Löwenzahn gräbt sich durch Beton
Ach wär' es nur immer kalt gewesen
wär' ich ein Löwe
geboren im Wüstensturm
scheute ich nicht Kälte noch Gefahr
Bald, mit dem letzten Strich auf der Liste
werde ich fallen mit dem Turm
Soll doch die Zeit vergehen
Wieder eine Schicht im Getriebe
Im Morgengrauen eingecheckt
Aus schwarzen Hörnern schreit der Hahn
Ruft Kind und Greis zum eisernen Schlund
zu stillen seinen Morgenhunger
mit gebrochenem Willen entfacht die Glut
Soll doch die Zeit vergehen
jeden Tag, jeden Monat, jedes Jahr
Trag mich in diesen reißenden Strom
Ich habe Sehnsucht nach deinem grauen Haar
Tore des Sommers
Schon ging er an uns vorüber
Streifend mit einer Falte seines Gewands
hinterließ er Genügsamkeit und graues Haar
Und wieder fiel ich durch die Tore des Sommers
durch ein weiteres kurzes Jahr
Nur Blitz und Donner
lassen den Flug mich noch spüren
Der große Wagen zieht schneller seine Bahn
Glaubte ich schon aufgebrochen
führten mich Stoppelfelder wieder hinein
Die Tore des Sommers sind schon geschlossen
und kalter Regen benetzt meines Platzes Beton
Eine lange Stunde scheint im Getriebe verflossen
Nur weil ich draußen bin -
trägt die Zeit mich noch davon
Es gibt keine Uhren in der Maschine
weder denken, noch planen, noch tun
Reklame geheuchelte Ewigkeit -
Millionen Farben machen sie blind
Der Arbeiter sind viele im Getriebe
Rollend Tag und Nacht ist ihr Wirken
für multimediales Brot
Dunkel und karg ist es hier draußen
Schon spüre ich den Atem -
Unausweichlich und rot
Die Tore des Sommers sind schon geschlossen
150 Minuten
(für Mario)
Vergeht die Zeit nicht zu schnell -
viel schneller, als du es dachtest?
Dein Leben gestern, heute, morgen
ein rastloser Lauf gegen die Zeit
"Das Leben ist Veränderung"
sagst du, um alles zu rechtfertigen
Doch es ist, um zu verdrängen
um dich selbst zu belügen
Dein Spiegel aber kennt keine Lügen
gnadenlos ist er, aber ehrlich
Da ist kein "in Würde ergrauen"
Sanduhr - unaufhaltsam ist dein Rinnen
Rieselt der Sand nicht zu schnell -
viel schneller, als du es dachtest?
150 Minuten -
das sind 80 Jahre
1000 Jahre sind ein Tag
für den Höchsten im Himmel
Das Leben ist eine Sanduhr
gehalten in seiner Hand
150 Minuten vor seinem Angesicht
Schneller?
Langsamer?
Zurück?
Freund, warum bist du gegangen
warum kennst du mich nicht mehr
warum trennen sich unsere Wege?
Ich weiß, es sind nur 150 Minuten
150 Minuten ein haschen nach Wind
ein Glimmen und rasches Verglühen
150 Minuten ...
Epilog
Lauter Schnipsel eines alten Gemäuers
einer monoton grauen Stadt voller Abgase
monotone Maschinen eines monotonen Planeten
ein Flug voller Hindernisse
surreale Welten, Leere, Einsamkeit
Gefangensein, Menschen und Gefühle
die an ihm vorbeihuschen
Alles in einem Raum, fern
dessen Türen man nicht aufstoßen kann
• Weitere Gedichte sind in dem Buch "Dann steigen mir Farben in die Dunkelheit" zu finden - erhältlich als PDF-Datei, siehe >>>>>
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