Aufgenommen & Gemischt:
BF-Studio Dornheim (März 2003 - April 2009)
Produktion: Mario Höll
Mastering: Eroc (Mai - September 2009)
Grafik, Fotos, Gestaltung & Datenteil der CD: Mario Höll
Filme: (Regie & Schnitt): Mario Hassard
BALSAMFIEBER:
Mario Höll: Gesang, E- & A-Gitarren, Synthesizer, Pfeifen- & E-Orgel, Sequenzer, Synthesizer, Querflöte, Zither, Didgeridoo, Looper, Perkussion
Mario Hassard: Gesang, Synthesizer, Electric Chord Organ, Perkussion
GÄSTE:
Jin Mi Jeong-Höll: Gesang, Stimme (bei 1, 2, 5, 6, 7)
Sung-Kyong Kim: Cello (bei 6)
Mario Krell: Synthesizer (bei 6)
Andre' Dietrich: Akustik-Gitarre (bei 3)
Eroc: Mastering (1 - 7)
Mario Höll über "Balsamfieber"
Es hatte sich viel geändert im Leben: Hochzeit, Umzug, Umschulung und ich war erstmal zwei Jahre weg. Neue Stücke zu produzieren war so kaum möglich, also feilte ich mehr theoretisch an einem neuen Konzept. Ich versuchte in Sachen Texte - so richtig glücklich war ich mit den ersten Versuchen bei "Desiderium" nicht mehr - einen neuen Weg zu finden. Auch mit dem neuen Drumcomputer (Yamaha RM1x) mußte ich mich näher beschäftigen. Zudem begann ich mir Querflöte beizubringen. Nach einer Weile war aber doch ein Stück fertig geworden: "Dann nimmt sie mich". Damit kam der Stein ins rollen und ich hatte Lust, nach längerer Abstinenz wieder ein Album zu produzieren. Eine Umschulung zum Mediengestalter brachte es mit sich, daß es auch in Sachen Grafik einen großen Sprung nach vorn gab. Als ich auf einem Friedhof in Budapest diesen traurigen Steinhund sah, mußte ich was draus machen. Also wurden kurzerhand ein paar Improvisationen eingespielt, bei denen als 3. Mann Mario Krell am Synthesizer mitspielte. Dabei kam die lange Improvisation "Tore des Sommers" heraus, die wir dann weiterverarbeiteten - der Grundstein für ein neues Album war gelegt. Da klar war, daß selbiges noch viel Arbeit bedeuten würde, dachte ich, daß es erstmal eine Art "Single" werden sollte. Aber keine der Form "Ein Titel und fünf Versionen davon", sondern etwas ganz Neues. Das Label Ohrenlust war sehr interessiert an der neuartigen 50-minütigen "Single" (vor allem wegen des Covers mit dem Hund) und verbreitete sie mit meiner Erlaubnis weltweit auf unzähligen Downloadportalen. Natürlich war mir klar, daß damit kein Cent zu verdienen war, aber der Name "Balsamfieber" - eine neue Erfindung, die soviel wie "Hunger nach Heilung" bedeutet und den letzten Namen der BF-Inkarnationen darstellt, wurde so weltweit bekannt gemacht.
Neue Stücke entstanden und auch neue Improvisationen, wobei noch nicht klar war, in welche Richtung das Album gehen sollte, denn es klang teilweise noch ein wenig nach "Desiderium" und davon wollte ich mich distanzieren, das war ein abgeschlossenes Kapitel. Also machten wir lieber noch einen Testlauf und Teil 3 der "Trilogie" sollte dann das 9. Album selbst bilden. Auf "Angenehm verirrt", der CD mit dem Käfig und dem kleinen Vogel des Malers Bertold Heimbürge, der bei seinem Fluchtversuch feststellt, daß er trotzdem noch immer Teil der Maschine ist, wollten wir uns noch mal so richtig austoben. Und tatsächlich ist das Werk deutlich experimenteller. Neben Jin Mi, die ihren koreanischen Gesang in ungeahnte Höhen trieb, Mario Hassard, André Dietrich als Gast an der Akustikgitarre, der Koreanerin Sung-Kyong Kim am Cello und letztmals Mario Krell, konnte ich sogar Ax Struck für zwei Stücke gewinnen. Alles in Allem kam ein recht hartes und sehr experimentelles Werk zustande, welches auch wieder auf Ohrenlust erschien. Das war aber nötig, um aus der Vielzahl von unterschiedlichen Stilen einen roten Faden herauszuhören. Übrig bleiben schließlich noch zwei Stücke, die irgendwie wieder nicht zum Album paßten. Damit war klar, daß es eine dritte CD geben würde - die "Balsamfieber-Trilogie" war geboren. Klar war auch, daß ich das eigentliche Album auf keinen Fall im Internet verschenken wollte. Drei Stücke ("Tore des Sommers V", "Soll doch die Zeit vergehen" und neu "Vom Suchen in der Finsternis"), bei denen klar war, daß sie die Richtung für das Album bilden würden, gab ich "frei" und sie landeten auch auf dem Album. Der Rest sollte nicht verschenkt werden. "Fallen mit dem Turm", der letzte Teil der Trilogie war dann auch schon deutlich ausgereifter und viel mehr aus einem Guß als die vorangegangenen Teile und hatte mit "Manifestation der Anmut" ein Stück, daß extra dafür aus einer Improvisation heraus komponiert wurde und welches mit extrem langsamen Tempi arbeitet - etwas völlig Neues für BF.
Und einen weiteren Fortschritt gab es: Erstmals seit 1992 betraten wir wieder eine Bühne und es gab Auftritte innerhalb von Ausstellungseröffnungen der beiden Maler Bertold Heimbürge und Roland Ginzkey, mit Filmen auf einer Leinwand, mit einer Wellenfeldsyntheseanlage, Licht und verschiedenen Gastmusikern. Das ganze gipfelte schließlich in der Gründung des "Hörenden Herz", zusammen mit Ax Struck, und die Bühnen wurden immer größer. Schließlich spielten wir auf einer 30-Meter-Bühne mit Riesenleinwand und Kameras zeichneten auf. Leider ging es danach mit dem Projekt bergab, da sich keine Sponsoren mehr fanden. Es wäre ein großes Team dafür nötig gewesen, welches natürlich bezahlt werden will. Für Balsamfieber war das alles sehr lehrreich und das Live-Spielen verbesserte auch unsere Kompositionen was schließlich dem entstehenden Album zugute kam. Jahre zogen ins Land und die Arbeit wurde durch die Auftritte immer wieder unterbrochen. Am bislang umfangreichsten und komplexesten Stück "Am Ende" wurde so mehrere Jahre gearbeitet. Zwischendurch kam noch mal neue Technik dazu - Hightech-Synthesizer der 90er Jahre wurden plötzlich dank E-Bay für uns bezahlbar. Inzwischen manifestierte sich auch das Thema "Die große Maschinerie", nach einer Kurzgeschichte, die ich 1999 schrieb - wieder wurde es ein Themenalbum, obwohl das erst nicht vorgesehen war: Es geht um das Gefangensein des Menschen in einem zermürbenden und sinnlosen System, welches sich langsam aber sicher selbst zerstört und mit ihm die Insassen. Die Filme, zu denen wir live spielten, die Bühnenprogramme, die opulente Grafik mit den rostigen Maschinenteilen, in denen verängstigte und eingeklemmte Menschen sitzen, die Musik, wie aus einem Guß führten schließlich 2009 zum schlicht selbstbetitelten 9. Album "Balsamfieber". Für das Titelbild hoffte ich einen Maler zu finden, was aber mißlang, und so landete schließlich die Skulptur der trauernden Frau vom Arnstädter darauf. Durch aufwendige Photomontagen fügt diese sich in die beklemmenden Maschinenteile ein. Rückblickend kann ich sagen, daß ich das 9. Album als unser Magnum Opus bezeichnen würde, weil es alles in sich vereint, was ich schon seit dem ersten Album thematisch irgendwie aufgriff, aber in dieser Form noch nicht umsetzen konnte. Zum großen finalen Gitarrensolo kam es bei "Am Ende" dann auch nicht, weil sich wiederum kein Gitarrist fand, die neue Technik "Physical Modelling" machte es aber doch noch mit einer recht guten Simulation möglich. Das fertige Werk schickte ich dann an Eroc, dem Masteringprofi, Mitgründer von Grobschnitt und seither für namhafte Größen mit dem "besten Mastering" der Welt tätig. Ich hatte im Internet vom ihm gelesen und auch einige Werke von ihm gehört, war von dem bombastischen und transparenten Klang begeistert, aber hätte nicht gedacht, daß er sich tatsächlich melden würde. Deshalb war ich sehr überrascht, daß sich kurz darauf eine längere Unterhaltung per E-Mail entwickelte, bei der ich viel über Musik, Klang und die Mechanismen der Musikindustrie lernen konnte. Ihm gefiel das "zeitlose Ding, welches laut seiner Meinung zwischen Genie und Wahnsinn" pendelt so gut, daß er viel Zeit neben seinen Produktionen für die Stars darin investierte, um daraus inklusive einiger eigener Ideen und viel Hightech, das daraus zu machen, was es heute ist: ein absolut bombastisches Hörerlebnis, besonders wenn man dazu Kopfhörer verwendet. Es eröffnet riesige Räume, in denen es immer Neues zu entdecken gibt und alles gipfelt in dem Höhepunkt des finalen und ausuferndsten Gitarrensolos, welches keines ist und in dem man sich wie in einem Strudel verliert, aus dem man am Ende plötzlich in die Realität herausgerissen wird - in die grausame Realität, der man für 55:55 Minuten entfliehen konnte.
Über das selbstbetitelte Album "Balsamfieber"
Das 9. Studioalbum ist wiederum ein "Themenalbum", und folgt keiner chronologischen Handlung.
Inhaltlich geht es um die Versklavung des Menschen durch die "Große Maschinerie". Gemeint ist das menschenverachtende und sinnentleerende Weltsystem, das Familien entzweit, Menschen versklavt und sie benutzt, in riesigen Fabriken sinnlose und überflüssige Dinge zu produzieren, das die Zeit raubt und durch ein gigantisches Propagandasystem alle Insassen der Maschine verblendet und behauptet, der Sinn des Lebens bestünde im Erwerb von Geld, materiellen Dingen und Macht. "Balsamfieber" beschreibt die Empfindungen eines Menschen in dieser Maschinerie, der er nicht entkommen kann, der die wahre Identität dieses Systems er aber erkannt hat. Hin- und hergerissen zwischen Verzweiflung und Hoffnung, Flucht und Konfrontation, beschließt er am Ende...
"Balsamfieber" setzt da an, wo alle politischen Diskussionen im Sande verlaufen, nämlich bei den Gefühlen des Individuums. Dem Protagonisten in "Der großen Maschinerie" wird die Zeit knapp - so knapp, daß er darüber ins Grübeln kommt, er merkt, daß er kaum dafür noch Zeit hat. Alles dreht sich um den Überlebenskampf "Rotation - Essen - Schlafen - Rotation", wie es im Schlußteil "Am Ende" heißt. Den inzwischen durch die totale Manipulation in Form von allgegenwärtigem Materialismus und den Massenmedien willenlos gewordenen Sklaven, fehlt durch ihre Tag- & Nacht-Fließbandproduktion wertloser Dinge einfach die Kraft und natürlich wie oben beschrieben die Zeit zum Leben. Wissend, daß es keine Flucht gibt, sieht sich der Protagonist gezwungen, in die Maschine selbst hineinzugehen, denn sie ist im Begriff, sich über die ganze Welt auszudehnen. Darin angelangt dokumentiert er seine Empfindungen - mit der Erkenntnis, daß es irgendwann, vielleicht bald - eine Rettung geben wird. Unterschwellig schwingt diese Rettung - noch nicht deutlich greifbar aber immer klarer - im ganzen Album mit. Und auch wenn ich natürlich nicht die Universallösung mit erhobenem Zeigefinger hier präsentieren werde, so wird dennoch für jeden sichtbar, was er zu tun hat: Einen Weg suchen! Das Zitat aus "Vom Suchen in der Finsternis" macht es deutlicher: "Ihr seid nicht blind - ihr wollt nicht sehen!"
Musikalisch geht es weg vom klassischen Liedcharakter hin zu mehr komplexeren Strukturen, es ist sphärischer, akustisch und elektronisch zugleich aber auch mit interessanten Rhythmen versehen und stellt einen weiteren Fortschritt gegenüber dem vorigen Album dar. Wer die zuvor erschienene "Balsamfieber-Trilogie" gehört hat, weiß, in welche Richtung es gehen wird - weg von jeglichen Kompromissen sogenannter "Eingängigkeit", hin zu tiefen und ehrlichen Gefühlen.
Die Rahmenhandlung stützt sich auf eine Kurzgeschichte,
die Mario Höll 1999 schrieb (siehe hier >>>>>).
Näheres zu den einzelnen Stücken
Introduktion
Das Eröffnungsstück des Albums trägt bereits alle Schlüsselelemente in sich - alle dominanten Melodiefragmente sind bereits hier zu hören und sollen auf das Themenalbum einstimmen.
Das Textzitat, welches am Ende des Albums nochmals auftaucht, stammt aus der Kurzgeschichte "Die große Maschinerie", auf die die gesamte Thematik des Albums aufbaut.
Bei "Introduktion" wurden zahlreiche Synthesizerflächen sowie E-Orgel übereinandergeschichtet, um diese bombastische, bedrohliche Fülle zu erreichen. Die Maschinengeräusche stammen - außer dem metallischen Schleifen, welches von einer alten handbetriebenen Häckselmaschine stammt - ebenfalls von Synthesizern. Die Didgeridoo-Fläche wurde per Looper erzeugt.
Aufgenommen am 9.1.2009 im BF-Studio Dornheim.
Mario Höll: Sprecher, Synthesizer, Sequenzer, Programme, E-Orgel, Didgeridoo (per Looper), Koreanischer Gong, Effekte, Mix
Mario Hassard: Synthesizer
Eroc: Mastering
Vom Suchen in der Finsternis
Aufgenommen am 28.7.2007 im BF-Studio Dornheim.
Mario Höll: Gesang, E-Gitarre, Sequenzer, Synthsolo, Orgel, Koreanischer Gong, Programme, Mix
Mario Hassard: Synthesizer, Melodiefragment, Stimme
Jin Mi Jeong-Höll: Koreanische Stimme
Eroc: Mastering
Neben der neuen kompositorischen Herangehensweise, geschuldet der Live-Spielbarkeit, betrat ich auch textlich Neuland: Während unseres Auftritts lief auf einer Großleinwand hinter uns ein Film von Mario Hassard (anbei im Datenteil). Nach diesem Film, in dem ich den Suchenden spielte, entstand der Text, der wiederum für die Logik (die allerdings sehr offen in der Interpretation ist) entscheidend war. Erstmals standen also Film, Text und Musik in direkter Beziehung zueinander und bildeten den Grundstock für die multimedialen Auftritte von Balsamfieber.
Das Foto ist ein Szenenbild aus dem gleichnamigen Film.
2007 hatten wir das erste Mal Gelegenheit, zusammen mit Cosmicsound-Pionier Ax Struck auf einer großen Bühne zu spielen. Dafür war es notwendig, von vornherein anders zu komponieren, da klar war, daß wir hauptsächlich zu Dritt spielen werden (die Gastmusiker bestanden aus Jin Mi Jeong und Mario Krell, die nur zusätzliche Klangfarben hinzufügten), mußte viel vereinfacht werden. Es war somit nicht möglich, ein typisches, verschachteltes BF-Stück zu bringen, da das mit drei 3 Mann so nicht live spielbar gewesen wäre. Von da an trennten wir die Stücke in Live- und Studiokompositionen. Neben den Improvisationen der "Balsamfieber-Trilogie" ist dies das erste Stück, das live genauso wie im Studio spielbar ist.
"Vom Suchen in der Finsternis" entstand aus einem Melodiefragment, das zuvor in einer Improvisation im BF-Studio entstand.
Der Text handelt von der Schuld des Menschen, Tatsachen nicht sehen und verstehen zu wollen - sie behaupten, nicht zu sehen, obwohl der Weg sichtbar vor ihnen liegt.
Soll doch die Zeit vergehen
Aufgenommen am 5.9.2006 im BF-Studio Dornheim.
Mario Hassard: Gesang, Electric Chord Organ, Perkussion
Mario Höll: Gitarren, Zither-Baß, Querflöte, Gesang, Koreanischer Gong, Perkussion, Mix
Jin Mi Jeong-Höll: Koreanische Stimme
Andre Dietrich: Gitarre
Eroc: Mastering
"Soll doch die Zeit vergehen (II)" entstand aus Elementen einer Studioimprovisation (zu hören auf der "Balsamfieber-Trilogie"), bei der anschließend aus den besten Zutaten dieses neue Stück entstand.
Basierend auf dem Grundakkord F#m und der ausschließlichen Verwendung akustischer Instrumente wie z.B. einer Zither für den Baß und Spezialeffekte wie Oma' s Regulator, sowie ein Zeitungsbündel als Snare, diversen Perkussionsinstrumenten vom 1. Album "Meditations" und der seltenen Magnus Elektric Chord Organ ist "Soll doch die Zeit vergehen (II)" in dieser Form einzigartig. Durch verschiedene Echoeffekte wurde das rhythmische Fundament gelegt - hier waren kein Looper und keine Aufnahmetricks im Einsatz.
Der Text beschreibt das morgendliche Einfahren in den Schlund der Großen Maschinerie - ab hier gibt es kein Individuum mehr, der Mensch ist Teil der Maschine und nur die schwarzen Hörner (die alles übertönenden Werkshupen) teilen jetzt die Zeit. Nur das Wissen, daß die Zeit vergeht, hält den Protagonisten im Räderwerk noch aufrecht.
Erstmalig wurden bei diesem Album auf der optischen Seite Fotomontagen verwendet. Etliche Versuche, einen Maler zu gewinnen, der das Thema "Die große Maschinerie" nach meinen Beschreibungen in einem Triptychon umsetzt, scheiterten. So machte ich mich daran, aus zahlreichen Fotos von Maschinen, Uhren, Steinfiguren und vielen weiteren Details ein eigenes "Gemälde" zusammenzusetzen - eine Sysyphusarbeit!
Vom Finden im Licht
Aufgenommen am 7.8.2008 im BF-Studio Dornheim.
Mario Hassard: Gesang, Synthesizer
Mario Höll: E-Gitarre, Sequenzer, Synthesizer, Programme, Effekte, Gesang, Mix
Eroc: Mastering
Nachdem der Aufbau des Albums, die Texte und die meisten Stücke fertig waren, sollte ein passendes Gegenstück zu "Suchen" gefunden werden, das live spielbar und mit einem passenden Film die Thematik bei unseren Shows abschließt. Auch hier passierten die Arbeit am Filmmaterial und die Komposition des Stückes gleichzeitig. Mario Hassard sollte darauf achten, einen einprägsamen Refrain zu komponieren, denn nicht nur auf dem Album, sondern vor allem live fehlten ein paar Melodien. Vieles geriet gerade durch die zahlreichen Improvisationen und die Tatsache, daß wir auf eine komplette Band verzichten mußten, recht experimentell. Die Live-Version hat wegen dem Film ein längeres Intro, welches in abgewandelter Form beim Stück "Am Ende" wieder auftaucht.
Im Text geht es um die wage Vorstellung von Flucht - doch diese ist unmöglich - schließlich ist "Die große Maschinerie" ein weltumspannender Zustand, dem mit menschlichen Kräften nicht beizukommen ist. Dennoch ist das umschriebene Licht - wenngleich nur ein dünner Strahl davon, der Hoffnungsschimmer im Verlies des Protagonisten. Auf der optischen Seite wird er durch die blau strahlende Sichel dargestellt - hier ein Symbol von abschneiden und ernten.
Afrika E Nabi
Aufgenommen am 18.9.2007 im BF-Studio Dornheim.
Mario Höll: Gitarre, Gesang, Querflöte, Programme, Koreanischer Gong, Gesang, Mix
Mario Hassard: Gesang, Synthesizer, Electric Chord Organ, Weingläser
Jin Mi Jeong-Höll: Koreanischer Gesang
Eroc: Mastering
Die Koreanischen Texte sind Übersetzungen aus dem Deutschen. Der Text "Schmetterling in Afrika" wurde ebenfalls im gleichnamigen Stück auf der "Balsamfieber-Trilogie" verwendet und in verschiedenen Versionen auch live gespielt.
Der Text basiert auf der Idee, daß theoretisch ein Schmetterling in Afrika das Wetter ändern kann - was hier bedeuten soll, daß ein kleiner Vorfall irgendwo in der Welt die langersehnte hoffnungsvolle Wende in der Menschheitsgeschichte ins Rollen bringt.
Musikalisch angelehnt an "Soll doch die Zeit vergehen", basiert "Afrika E Nabi" auf einem ähnlichen Akustikgitarrenloop, zwar in einem Stück eingespielt aber durch Echoeffekte sphärisch gemacht. Das Stück entwickelte sich aus mehreren Live-Improvisationen zur Albumversion. Hier ist allerdings eine stark verkürzte Fassung zu hören, denn live wurde es oft auf über 10 Minuten ausgedehnt und mitunter mit langen Improvisationen auf Perkussionsinstrumenten, Weingläsern (auch hier zu hören) und mit zahlreichen Loops angereichert.
"Afrika E Nabi" wurde auch optisch durch die beeindruckenden Bühnenexperimente mit verschiedenen Gastmusikern, spezieller Beleuchtung, ungewöhnlichen Instrumenten und Spielweisen und schließlich Jin Mi' s koreanischen Sprechgesang zu einem besonderen Erlebnis. Es ist immer wieder interessant, was aufbauend auf dem Grundgerüst, hier aus den beiden Akkorden F#m und Bm, alles innerhalb dieser Improvisation entsteht - jedesmal entwickelt sich das Stück in eine völlig neue Richtung, je nachdem, wer sich wann, wie und wo darauf einläßt.
Tore des Sommers
Aufgenommen am 30.10.2005 im BF-Studio Dornheim.
Mario Höll: Gesang, E- & A-Gitarren, Sequenzer, Synthesizer, Vocoder, Querflöte, Mix
Mario Hassard: Synthesizer, Gesang
Mario Krell: Synthesizer
Jin Mi Jeong-Höll: Stimme
Sung-Kyong Kim: Cello
Eroc: Mastering, zusätzliche Effekte
"Tore des Sommers (V)" ist eines der frühen Aufnahmen für das Album. Fragmente daraus entstanden wiederum innerhalb einer Improvisation. Anschließend wurden die besten Momente (das E-Piano von Mario Krell, der Refrain und die Grundharmonien) für eine Neuaufnahme verwendet. Auf dem Stück mußte ich in Bezug auf meine Stimme umdenken - erstmals versuchte ich mich erfolgreich an den höheren Lagen. Die tiefe Stimme in den Strophen nahm ich in den frühen Morgenstunden auf. "Tore des Sommers" ist ein Beweis dafür, was Spontanität und der damit einhergehende Mut zur Improvisation zu leisten vermag. Kurzfristig ergab sich auch noch die Aufnahme des Cellos - dieses war in 10 Minuten "im Kasten".
Der Text handelt vom Verfliegen der Zeit, vom Älterwerden, dem unaufhaltsamen Näherrücken der großen Maschinerie und den damit einhergehenden Verlusten.
Am Ende
Aufgenommen am 22.4.2009 im BF-Studio Dornheim.
Mario Höll: Gesang, Sprecher, E- & A-Gitarren, Sequenzer, Programme, Synthesizer, Pfeifenorgel, E-Orgel, Querflöte, Didgeridoo, Vocoder, Looper, Mix
Mario Hassard: Gesang, Synthesizer;
Jin Mi Jeong-Höll: Stimme
Eroc: Mastering, zusätzliche Effekte
"Am Ende" stellt das bisher aufwendigste Stück dar. Innerhalb von 3 Jahren wurde mit etlichen Unterbrechungen daran gearbeitet. Von vornherein war klar, daß es sich hier um das große Finale handeln sollte, deshalb wurden zahlreiche Aufnahmen mit sehr vielen Spuren dafür gemacht, so unter anderem von der großen Pfeifenorgel von St. Bartholomäi in Dornheim, die sich als schwer zu spielen erwies. Natürlich war ich auch bei diesem Album wieder auf der Suche nach Gastmusikern, insbesondere für das große Gitarrensolo am Schluß. Doch wie so oft fand sich keiner, der so spielen kann oder will. Also wurde das Problem mit "Physical Modelling" gelöst - der virtuellen Gitarrensimulation des Korg Z1. Am Schluß kam noch ein Kawai K5000s dazu, der, kombiniert mit meiner "Gitarre", mit seinen einzigartigen, additiven Flächen das möglich machte, was ich mir vorstellte. Auch ein Sprecher fand sich nicht, so übernahm ich auch noch diese Rolle. Auch der Text ist der bisher aufwendigste in der Geschichte von BF. Die erst kurz vor Schluß erfolgte Einteilung in Kapitel faßt das ganze Konzept des Albums zusammen: Die Sinnlosigkeit in der "Großen Maschinerie" und die Empfindungen des Protagonisten, der nicht in diese Welt gehört (hier stecken natürlich auch wieder autobiographische Züge dahinter). Ich selbst fragte mich oft - während der Produktionsarbeit in verschiedenen lärmenden und schlecht belüfteten Werkshallen - ob das alles so richtig sei. Dieses Suchen nach dem Sinn des Lebens, der Schmerz, den Gedanken an eine geborgene Kindheit, fern der Maschinerie, hervorrufen, während all das in der Gegenwart immer mehr schwindet, bildeten schon früh das Konzept, welches sich beim 1. Album "Meditations" 1988 zwar andeutete, aber sich so noch nicht realisieren ließ. Die Thematik zieht sich allerdings wie ein roter Faden durch das bisherige Gesamtwerk von BF. Der Protagonist in der Maschine wünscht sich Kälte und Härte, um die Gegenwart zu ertragen. Gibt es eine Hoffnung? Auf "Balsamfieber" ist diese unterschwellig immer präsent. Sicher ist, daß das gegenwärtige, unmenschliche System der "Großen Maschinerie" zu einem Ende kommen wird und die Maschine damit zum Stehen kommt. Deshalb wünscht sich der Protagonist, daß die Zeit schneller läuft, er weiß, das es keine Flucht gibt und die Hoffnung nur in Ende und Erneuerung liegt.
Als das Album dann nach einer sagenhaften, 6-jährigen Produktionsphase endlich fertig war, gewannen wir schließlich noch Eroc (früher Schlagzeuger bei Grobschnitt und heute erfolgreicher Produzent, Mastering-Meister und für viele Größen tätig) für die Endproduktion. Dieser nahm sich - begeistert von unserem "zeitlosen" Werk, und schwankend zwischen "unmöglich oder genial" - extra viel Zeit und steuerte neben dem enormen Klanggewinn dank neuester High-Tech und viel Erfahrung auch ein paar eigene Ideen bei.
Viel Vergnügen nun beim Hören des großen Themenalbums garantiert:
Mario Höll, 4.9.2009
Auf diesem Album kamen folgende Instrumente, Klangerzeuger und Geräte und Effekte zum Einsatz:
SYNTHESIZER: Kawai K5000S, Kawai K4, Kawai K1 II, Korg Z1, Yamaha TG 55, SEQUENZER + DRUMCOMPUTER: Yamaha RM1x, Kawai Q-80; ORGELN: Weltmeister TO 53/2,Vermona ET 6-2, Magnus Electric Chord Organ, Pfeifenorgel von St. Bartholomäi in Dornheim; GITARREN: Harley Benton HBR450BK, Ibanez Silver Cadet, Aranjuez G-07 ; SONSTIGE INSTRUMENTE: Schuster Konzertzither von 1927, Roy Benson FL 201B (Querflöte), Koreanischer Gong, Bambusdidgeridoo und PVC-Rohr, EJR Spezial Cello, Original Big Fantasy-Perkussion von 1988, HMB Futterhäcksler und Oma' s Regulator (ebenfalls beim 1. Album verwendet); MIKROPHONE: T-Bone SC 450, Shure SM 58, Profisound UM 915; EFFEKTE: Vermona Phaser 80, Nobels ODR-1, ZOOM 505 Guitar, Behringer XV-Amp, ZOOM Studio 1204, Alesis Midiverb II, Alesis Nanoverb, Behringer Autocom MDX 1200, Boss Loop Station RC-2, Tascam Porta 414 (für Rückwärtseffekte)AUFNAHME / MIX: Yamaha MD-8
MASTERING: Eroc in Eroc 's Mastering-Ranch mit AudioCube (HDA / CubeTec etc. - siehe www.eroc.de >>>>>
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